Das Thema „Handyverbot“ ist ein Dauerbrenner und ringt mit „Unterrichtsstörungen“ um Platz 1 der in Schule oftmals schwierigen Dinge.
Es handelt sich hier um gekürzte und zwecks besserer Verständlichkeit umformulierte Inhalte, die Rolf Schulmeister und Jörn Lovisach über den Publikationsserver der FernUniversität Hagen hier veröffentlichten.
Die zugrunde liegenden Studien beziehen sich auf Studierende. Die Situation in gymnasialen Oberstufen und in den Bildungsgängen Beruflicher Schulen dürfte annähernd deckungsgleich sein.
„Handyverbot“ ist thematisch zu kurz gefasst, ist aber das in Schule grassierende Synonym für den Umgang mit digitalen Endgeräten und deren Einsatz in Schule und schulischen Zusammenhängen.
Es geht nicht um die Stigmatisierung privater oder schulischer digitaler Endgeräte. Es geht um das Verständnis für die Entscheidung von Schule und/oder einzelner Lehrkräfte, die Nutzung von digitalen Endgeräten einzuschränken. Die Beweggründe scheinen unter euch Schülern oft nicht bekannt zu sein oder wurde nicht verständlich kommuniziert.
Na klar kann es eine persönliche Empfindlichkeit der Lehrkraft sein (Handy als Unterrichtsstörungen). Jedoch zeigen Studien die Folgen überschwänglicher und unreflektierter Nutzung digitaler Endgeräte in Hochschulen. Nehmt euch ein paar Minuten für folgende Studienergebnisse:
Punkt 1:
Die meisten Studierenden sind medienaffin, aber nicht medienkompetent. Digitale Medien/Endgeräte werden arbeitsökonomisch als Instrument zur schnellen Zielerreichung betrachtet. Schnelligkeit geht vor Gründlichkeit (Stichwort: ChatGPT).
Punkt 2:
„Studierende, die Generation Y, sind kollaborativer und nutzen digitale Endgeräte für die Teamarbeit und Austausch.“
Diese Aussage wird durch Studien widerlegt. Ein großer Teil Studierender nimmt nicht an Gruppenarbeit teil, sondern nutzt digitale Endgeräte für das Selbststudium. Der Einsatz digitaler Endgeräte für kollaborative Zwecke hat eine beschränkende Funktion.
Studierende nutzen digitale Endgeräte für Lernzwecke nur moderat. Eine breite Anwendung und Vernetzung in Form eines „Mit-Mach-Netzes“ funktioniert als soziales Netzwerk (Facebook, WhatsApp, TikTok, …), aber nicht in Form eines „Lernnetzes“ im Hochschulbereich.
Punkt 3:
Digitale Endgeräte und angebotene digitale Medien auf Lernplattformen werden überwiegend nur in der heißen Phase vor Klausuren genutzt. Warum sollte dann begleitend über das gesamte Semester (oder Schulhalbjahr) kollaborative Materialien bereitgestellt werden und die Vorlesung darauf aufbauen? Auch in diesem Punkt verhalten sich Studierende arbeitsökonomisch. Leider ist die Wissens-Aneignung durch Bulimie-Lernen wenig nachhaltig!
Punkt 4:
Unter Studierenden wird das Üben und die Bearbeitung von Aufgaben bis zu zwölfmal häufiger analog durchgeführt. Digitale Endgeräte spielen eine untergeordnete Rolle. Das lässt die Annahme zu, dass analoge und papiergebundene Lernhandlungen für das Lernen und Denken nachhaltige Erfolgsfaktoren sind.
Analoge Lerntätigkeiten (richtiger Stift, echtes Papier, authentische Schreibmotorik) fördern kognitive Lernprozesse stärker als digitale Medien. In Vorlesungen findet bereits während des Hörens und der analogen Mitschrift eine Verarbeitung im Kopf statt.
Punkt 5:
Experimente zeigen, dass die Gedächtnisleistung der Studierenden abnimmt, wenn ihre Endgeräte offen sind. Die Leistung wird mit der Dauer der Ablenkung schlechter. Selbst ausgeschaltete Endgeräte beeinflussen negativ, nur weil sie da sind.
Bei Experimenten in Schulklassen konnte gezeigt werden, dass die Leistungen nach Verbot der Endgeräte stiegen.
Fazit
Die Schwierigkeiten fangen bereits viel früher an. Werden in Kindertagesstätten bereits vereinzelt Smartwatches getragen, so ist das Handy in der Grundschule allgegenwärtig. Über die abnehmende Aufmerksamkeitsspanne hinaus, entstehen Gefahren im Bereich Persönlichkeitsrechte, Verlust sozialer Fähigkeiten und Mobbing. Die Lehrer, gefordert die Schüler und Schülerinnen in der Digitalisierung unterstützend zu begleiten, fehlt oftmals die notwendige Zeit, Ausrüstung und Unterstützung.
Schweden, Vorreiter starker Digitalisierung im Bildungsbereich, wendet sich im Primarbereich vom digitalen Lernen ab. Basiskompetenzen sollen zukünftig analog erlernt werden.
Digitale Endgeräte völlig aus Unterricht zu verbannen ist in höheren Klassenstufen nicht sinnvoll, in einigen Fächern gar nicht möglich. Aber vielleicht habt ihr jetzt etwas Verständnis dafür, wenn die Lehrkräfte wieder einmal bitten, erstens analog zu arbeiten, und zweitens die privaten Endgeräte auszuschalten bzw. verschwinden zu lassen. Es ist keine Willkür, sondern besitzt einen fundierten Hintergrund, eine didaktisch-methodische Entscheidung des Lernens willen.
Und zum Schluss reflektiert euch selber: Unter wie vielen Punkten findet ihr euch wieder? Vielleicht nicht alle fünf, aber mehr als zwei bestimmt. 😉
Das Thema „Handyverbot“ ist ein Dauerbrenner und ringt mit „Unterrichtsstörungen“ um Platz 1 der in Schule oftmals schwierigen Dinge.
Es handelt sich hier um gekürzte und zwecks besserer Verständlichkeit umformulierte Inhalte, die Rolf Schulmeister und Jörn Lovisach über den Publikationsserver der FernUniversität Hagen hier veröffentlichten.
Die zugrunde liegenden Studien beziehen sich auf Studierende. Die Situation in gymnasialen Oberstufen und in den Bildungsgängen Beruflicher Schulen dürfte annähernd deckungsgleich sein.
„Handyverbot“ ist thematisch zu kurz gefasst, ist aber das in Schule grassierende Synonym für den Umgang mit digitalen Endgeräten und deren Einsatz in Schule und schulischen Zusammenhängen.
Es geht nicht um die Stigmatisierung privater oder schulischer digitaler Endgeräte. Es geht um das Verständnis für die Entscheidung von Schule und/oder einzelner Lehrkräfte, die Nutzung von digitalen Endgeräten einzuschränken. Die Beweggründe scheinen unter euch Schülern oft nicht bekannt zu sein oder wurde nicht verständlich kommuniziert.
Na klar kann es eine persönliche Empfindlichkeit der Lehrkraft sein (Handy als Unterrichtsstörungen). Jedoch zeigen Studien die Folgen überschwänglicher und unreflektierter Nutzung digitaler Endgeräte in Hochschulen. Nehmt euch ein paar Minuten für folgende Studienergebnisse:
Punkt 1:
Die meisten Studierenden sind medienaffin, aber nicht medienkompetent. Digitale Medien/Endgeräte werden arbeitsökonomisch als Instrument zur schnellen Zielerreichung betrachtet. Schnelligkeit geht vor Gründlichkeit (Stichwort: ChatGPT).
Punkt 2:
Diese Aussage wird durch Studien widerlegt. Ein großer Teil Studierender nimmt nicht an Gruppenarbeit teil, sondern nutzt digitale Endgeräte für das Selbststudium. Der Einsatz digitaler Endgeräte für kollaborative Zwecke hat eine beschränkende Funktion.
Studierende nutzen digitale Endgeräte für Lernzwecke nur moderat. Eine breite Anwendung und Vernetzung in Form eines „Mit-Mach-Netzes“ funktioniert als soziales Netzwerk (Facebook, WhatsApp, TikTok, …), aber nicht in Form eines „Lernnetzes“ im Hochschulbereich.
Punkt 3:
Digitale Endgeräte und angebotene digitale Medien auf Lernplattformen werden überwiegend nur in der heißen Phase vor Klausuren genutzt. Warum sollte dann begleitend über das gesamte Semester (oder Schulhalbjahr) kollaborative Materialien bereitgestellt werden und die Vorlesung darauf aufbauen? Auch in diesem Punkt verhalten sich Studierende arbeitsökonomisch. Leider ist die Wissens-Aneignung durch Bulimie-Lernen wenig nachhaltig!
Punkt 4:
Unter Studierenden wird das Üben und die Bearbeitung von Aufgaben bis zu zwölfmal häufiger analog durchgeführt. Digitale Endgeräte spielen eine untergeordnete Rolle. Das lässt die Annahme zu, dass analoge und papiergebundene Lernhandlungen für das Lernen und Denken nachhaltige Erfolgsfaktoren sind.
Analoge Lerntätigkeiten (richtiger Stift, echtes Papier, authentische Schreibmotorik) fördern kognitive Lernprozesse stärker als digitale Medien. In Vorlesungen findet bereits während des Hörens und der analogen Mitschrift eine Verarbeitung im Kopf statt.
Punkt 5:
Experimente zeigen, dass die Gedächtnisleistung der Studierenden abnimmt, wenn ihre Endgeräte offen sind. Die Leistung wird mit der Dauer der Ablenkung schlechter. Selbst ausgeschaltete Endgeräte beeinflussen negativ, nur weil sie da sind.
Bei Experimenten in Schulklassen konnte gezeigt werden, dass die Leistungen nach Verbot der Endgeräte stiegen.
Fazit
Die Schwierigkeiten fangen bereits viel früher an. Werden in Kindertagesstätten bereits vereinzelt Smartwatches getragen, so ist das Handy in der Grundschule allgegenwärtig. Über die abnehmende Aufmerksamkeitsspanne hinaus, entstehen Gefahren im Bereich Persönlichkeitsrechte, Verlust sozialer Fähigkeiten und Mobbing. Die Lehrer, gefordert die Schüler und Schülerinnen in der Digitalisierung unterstützend zu begleiten, fehlt oftmals die notwendige Zeit, Ausrüstung und Unterstützung.
Schweden, Vorreiter starker Digitalisierung im Bildungsbereich, wendet sich im Primarbereich vom digitalen Lernen ab. Basiskompetenzen sollen zukünftig analog erlernt werden.
Digitale Endgeräte völlig aus Unterricht zu verbannen ist in höheren Klassenstufen nicht sinnvoll, in einigen Fächern gar nicht möglich. Aber vielleicht habt ihr jetzt etwas Verständnis dafür, wenn die Lehrkräfte wieder einmal bitten, erstens analog zu arbeiten, und zweitens die privaten Endgeräte auszuschalten bzw. verschwinden zu lassen. Es ist keine Willkür, sondern besitzt einen fundierten Hintergrund, eine didaktisch-methodische Entscheidung des Lernens willen.
Und zum Schluss reflektiert euch selber: Unter wie vielen Punkten findet ihr euch wieder? Vielleicht nicht alle fünf, aber mehr als zwei bestimmt. 😉